Unsere
unvergessene Klassenfreundin, Brigitte, hat nach unserem Klassentreffen
dieses aufgeschrieben:
Am
28. April 1990 trafen sich ehemalige Schülerinnen und
Schüler des Abschlußjahrgangs 1965 der Realschule
Kehdingen in Freiburg/Elbe zum "silbernen Jubiläum"
25 Jahre nach der Schulentlassung.
Es war das 3. Klassentreffen.
Brigitte Riemenschneider hatte jetzt wieder eine Zusammenkunft
arrangiert und organisiert, die 24 "Ehemalige" zusammenführte.
Ein Teil von ihnen kam aus der näheren Umgebung, einige
aus Schleswig-Holstein und drei Teilnehmer hatten den weiten
Weg aus Süddeutschland auf sich genommen. Es war für
unsere auswärtigen Besucher ein willkommener Anlaß,
einmal wieder ihre alte Heimat zu sehen. Der ehemalige Klassenlehrer
Hans-Werner
Loss hatte es sich nicht nehmen lassen, ebenfalls dabei
zu sein.
Beim diesjährigen Klassentreffen fand vor dem geselligen
Beisammensein im Gasthaus v.d. Heide eine Besichtigung der
Realschule statt.
Gegen 17.30 Uhr trafen nach und nach alle ehemaligen Schüler
ein, und unverkennbar war die Freude, sich wiederzusehen.
Lebhaftes Erzählen begann bereits im Vorraum der Halle.
Erinnerungen wurden wach. Die eingefügten Steine im Vorraum
waren im Werkunterricht unserer Klasse hergestellt und gebrannt,
und der eine oder andere Stein wurde als Ergebnis der eigenen
Kreativität wiedererkannt. Unter sachkundiger Führung
des Hausmeisters Richard Holthusen begann der Rundgang durch
die Schule.
In der Halle hatten wir damals jeden Montagmorgen Andacht,
die gesamte Schüler- und Lehrerschaft war versammelt.
Wie oft habe ich auf der Treppe gestanden und etwas vorgetragen!
Durch die Fragen und Bemerkungen der einzelnen Anwesenden
wurden Erinnerungen wach an Ereignisse oder an Dinge. Den
Trinkbrunnen in der Halle gibt es nicht mehr, in der Wanne
stehen ein paar kümmerliche Topfblumen. Die Bilder an
den Wänden - ja, so wie immer, nicht vergessen. Vom Physik/Chemieraum
konnten wir uns kaum trennen, zumal wir uns auch sehr an unseren
verehrten Lehrer Hans Nedden erinnerten, der an den beiden
vergangenen Klassentreffen teilgenommen hat, aber jetzt aus
Krankheitsgründen nicht mehr kommen konnte. "Hier
fiel Ruth Bergmann aus der Bank, als wir das Ohr durchnahmen".
Und dieser Geruch nach Schule, Experimenten, Holz, Papier
- sofort wiedererkannt und vertraut. Wenn nicht noch ein weiteres
Besichtigungsprogramm auf uns gewartet hätte, wären
wir sicher noch im Physikraum und den immer noch aufregenden
Nebenräumen geblieben.
Doch es ging weiter - in unsere ehemalige Klasse. Hier haben
wir also einige Schuljahre verbracht. Sind die heutigen Schüler
im Vergleich zu uns noch genauso? Herr Loss verneint. Nicht
so artig, nicht so angepaßt, viel wagemutiger, gerissener,
auch frecher. Er erzählte anschaulich, mit welchen Tricks
man heute arbeitet, um eine gute Zensur zu erhalten. Wir wagten
kaum etwas, waren lieb, brav und gut erzogen, doch im Zeichenraum
erinnerten wir uns voller Freude an einen Streich, den wir
unserem Zeichenlehrer gespielt hatten. Wir hatten einen Schrank
innen vor die Tür gestellt, so daß er den Klassenraum
nicht betreten konnte. "Es war dieser Schrank vor dieser
Tür". Die Strafe war dann ein zu schreibender Aufsatz
"Steht ein Schrank vorm Eingang richtig?" Ich erinnere
mich, daß ich als einzige aus der Klasse die Frage bejaht
habe. Wir wurden damals alle vom Zeichenunterricht suspendiert
und mit einer "5" im Zeugnis bedacht. Durch freiwillig
gemalte Bilder konnten wir später diese 5 wieder verbessern
und manch einer kletterte mühsam auf eine 3 im Abschlußzeugnis.
Herrlich der Blick aus den oberen Fenstern auf die umliegenden
Gärten und blühenden Obstbäume! Gespannt waren
wir alle auf die Aula. Dort haben wir festliche Stunden in
der Schulgemeinschaft erlebt. Feiern anläßlich
des 17. Juni, zu Weihnachten, Entlassungsfeiern, Theateraufführungen,
auch selbst gestaltet, unser Musikunterricht bei dem unvergleichlichen
"Bobby" Schmidt fand dort statt. Großes Bedauern!
Die Aula gibt es nicht mehr. Sind gemeinsame Aktivitäten
in einer größeren Gemeinschaft oder in der heutigen
Zeit nicht mehr möglich? Doch ein Klavier steht noch
dort. "Harry, Du spielst Klavier, und ich singe 'An der
Saale hellem Strande'". Erinnerung an den sehr patriotisch
einseitig gefärbten Musikunterricht
von Herrn Schmidt.
Das Lehrerzimmer wurde uns gezeigt. Seinerzeit nie von innen
gesehen - nicht zu betretendes Heiligtum. Im Gang zum Lehrerzimmer
hängt noch ein Relikt aus der früheren Mittelschule,
die wir einige Jahre auch noch besucht haben: die Schulglocke.
Ein weiterer Raum wurde besichtigt: die Schulküche. Mit
großer Freude haben wir in den letzten ein oder zwei
Jahren Kochunterricht gehabt, natürlich nur die Mädchen,
die Jungen hatten Werkunterricht. Ein Junge bestand allerdings
darauf, auch kochen und nicht werken zu lernen, er war Vorläufer
der Emanzipation, damals noch etwas ganz Unerhörtes.
Wieviel Spaß hat der Unterricht gemacht, zumal er von
einer jungen Lehrerin gegeben wurde, die uns in einer freiheitlichen
angenehmen Weise unterrichtete, und uns als junge Erwachsene
behandelte. Der Unterricht hatte ja auch ein produktives Ergebnis,
das meistens gut schmeckte. Das erste zu kochende Gericht
war Kartoffelsuppe. Nie vergesse ich, wie eine Mitschülerin
sich besonders vornehm ausdrücken wollte: "Darf
ich einmal die Sauce benutzen?". Ein Höhepunkt des
Unterrichts waren selbst hergestellte Pfefferkuchenhäuschen,
die zu Weihnachten auf der Fensterbank aufgestellt wurden.
Der Name der Lehrerin ist uns entfallen, wie auch weitere
Namen. Aber Erinnerungen an andere Lehrer und Schüler,
an Begebenheiten, vor allem auch an Wandertage, an Klassenfahrten,
wurden immer wieder wach während dieser lebhaften Besichtigung.
Einer der Teilnehmer meinte, die Jugend von heute sei einfach
schrecklich, und das schlimmste an ihr sei, daß man
nicht mehr dazugehört.
Der Rundgang endete wieder in der Eingangshalle. Dort angekommen,
sprach "unser" Lehrer Loss ein paar Worte. Er erinnerte
noch einmal an die schönen Stunden und Begebenheiten,
die wir in dieser Schule erlebt haben und meinte, daß
es nicht selbstverständlich ist, 25 Jahre nach der Schulentlassung
wieder zusammenzukommen und zu feiern. Wollten wir nicht in
diesem Raum, in dem wir so oft Andacht gehalten haben, heute
noch einmal dankbare Andacht feiern in Form eines gemeinsamen
Gesanges? Spontan, innig und froh sangen wir gemeinsam das
Lied "Lobe den Herren" - fast alle Strophen. Den
Text kannten wir alle.
Brigitte